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Interview mit Userlike - Wie verändern Chat-Systeme den Kundendialog?
Unser CEO Sven Engelmann hat mit Tim Berghoff von Userlike darüber gesprochen, wie Chat-Systeme und Chatbots die Kommunikation im Kundenservice effizienter gestalten.
Am 03. und 04. März fand das OMQ Rooftop Event 2020 statt. Am ersten Abend haben wir unseren Partner Userlike zum Interview eingeladen. Im Gespräch hat unser CEO Sven Engelmann zusammen mit Tim Berghoff von Userlike darüber gesprochen, wie Chat-Systeme und Instant-Messaging die Kundenkommunikation im Service besser und effizienter gestalten.
Sven: Tim, du bist von der Firma Userlike. Erzähl uns erstmal, wer du bist und was Userlike macht?
Tim: Userlike ist eine Kommunikationsplattform und was wir machen ist, dass wir alle digitalen Chatkanäle bündeln. Also unter anderem den Chat über die Website, aber eben auch alle Messaging-Kanäle wie Whatsapp, Facebook Messenger, Telegram, selbst SMS. Unser Ziel ist, dass Unternehmen mit Userlike den Kanal nutzen können, den Kunden bevorzugen — denn wenn wir ehrlich sind, wer schreibt heutzutage noch gerne eine E-Mail? Eigentlich niemand. Wir alle nutzen Messenger-Dienste aus einem bestimmten Grund, nämlich weil sie einfach und bequem sind. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, diese Kanäle zu bündeln und für den Kundenservice bereitzustellen. Unsere Vision ist es, über diese Kanäle langfristige Beziehungen zu den Kunden aufzubauen, weil man viel näher am Kunden ist. Immer, wenn ich mit Unternehmen spreche, sage ich: Wenn ihr es schafft, in die Hosentasche eures Kunden zu kommen — neben die Freunde, die Familie, die Mutter — dann bekommt ihr einen Vertrauensvorschuss. Dadurch habt ihr eine viel bessere Möglichkeit, eine Beziehung zu dem Kunden aufzubauen.
Diese „neuartigen“ Kanäle sind bereits auf dem Markt angekommen. Chatsysteme, so wie ihr sie anbietet, werden schon häufig genutzt. Hast du schon bemerkt, wie Chatsysteme die Kundenkommunikation verändern?
Wie gesagt, wir nutzen diese Chatsysteme aus einem bestimmten Grund, nämlich weil sie bequem und einfach sind. Man schreibt nicht „Sehr geehrte…“, sondern „ich möchte meine Bestelladresse ändern“. Man möchte das Problem so schnell wie möglich klären und sich nicht ewig davon aufhalten lassen. Dem Kunden raubt der Kundenservice wertvolle Zeit und deshalb ist es so wichtig, im Kundenservice so effizient wie möglich unterwegs zu sein. Messaging ist da eben der bevorzugte Weg.
Es ist natürlich auch schwierig, solch einen neuen Kanal einzuführen. Welche Anforderungen haben denn die Unternehmen, die Userlike auf ihrer Seite integrieren wollen, an euch? Was sind die Anforderungen an euch aus der Käufersicht?
Man muss erstmal einsehen, dass diese Kanäle relativ neumodisch sind. Deswegen ist es eigentlich bei allen Unternehmen so, dass der Kanal „Messaging“ zu den klassischen Kanälen hinzu kommt. Die Unternehmen bieten ihren Service bereits über E-Mail und Telefon an, aber der Chat ist für die meisten Neuland. Daher ist es wichtig, dass es auch reibungslos funktioniert. Gerade die, die es bedienen müssen, wollen, dass es möglichst einfach zu integrieren und zu bedienen ist, damit kein Frustpotential entsteht. Unser Ziel ist es, dass es Spaß macht, die Software zu benutzen. Auf der anderen Seite ist es so, dass wenn man viele große Unternehmen als Kunden führt, man deren komplexe Strukturen auch in der Software abbilden muss.
Die Unternehmen haben dann einen neuen und modernen Kommunikationskanal integriert, aber letztendlich frage ich mich als Unternehmen auch: Was bringt mir das denn? Welchen Erfolg habe ich mit diesem Chatsystem?
Der Erfolg, der sich dadurch einstellt, nimmt erst einmal eine gewisse Zeit in Anspruch. Wenn wir mit Unternehmen zusammenarbeiten, dann wird das erstmal Stück für Stück ausgerollt, um zu analysieren, wie viele Anfragen sie überhaupt bekommen. Dann bemerken wir relativ schnell, dass die Prozesse die dahinter stecken, auch zu dem passen müssen, was bei dem Kunden herauskommt. Man sieht in den Analytics, wie viele Chats man generiert hat und man schaut, wie stark beispielsweise die Telefonate und E-Mails zurückgegangen sind. Das ist das Ziel — wir wollen keinen Mehraufwand generieren, sondern das bereits Bestehende auf einen effizienteren Kanal umleiten, um diese Anfragen viel besser beantworten zu können. Danach schaut man: Steigen die Sales? Verkaufe ich mehr über bzw. durch den Chat? Mit unserer integrierten Analytics-Software kann ich alle diese Faktoren herausfiltern. Auch direktes Kundenfeedback ist sehr wichtig und muss daher auch mit einfließen. So merkt man sehr schnell, wie gut der Kanal bei den Kunden ankommt und wo man nachjustieren muss.
Es gibt auch Kunden, die sich vielleicht durch den Chat auf der Webseite beobachtet fühlen oder aus anderen Gründen diesem neuen Kommunikationskanal skeptisch gegenüberstehen. Wie geht ihr damit um?
Man muss den Kanal als Kunde natürlich nicht benutzen. Aber grundsätzlich hat das immer mit der Zielgruppe zu tun, die dort bedient wird. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass auch ältere Menschen sehr offen dafür sind. Wir haben beispielsweise Kunden, die Kleidung an ältere Damen verkaufen und der Chat, der brennt! Die Kundinnen schreiben sehr viel im Chat und das Unternehmen hat die Mitarbeiter sogar dazu angehalten, mit den Damen etwas Smalltalk zu führen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Akzeptanz für neue Kommunikationskanäle immer mehr steigt.
Mittlerweile merke ich, dass das schon echt gut funktioniert und dass dieser Kanal, sowie das Konzept „Chat“ bei allen Gesellschaftsschichten angekommen ist.
Also kann man sagen, dass Instant-Messaging im Markt angekommen ist. Aber erhöht das auch die Kundenzufriedenheit?
Wenn man den Kanal nutzen kann, den man am liebsten nutzt, dann ist das ein grundsätzliches Plus für die Zufriedenheit. Und wenn man dann noch schnell und ohne viel Aufwand eine Antwort bekommt, ggf. auch noch automatisiert von einem Chatbot, ist das ein sehr großer Vorteil. Wir merken, dass die Akzeptanz gegenüber diesen Systemen steigt, da die Kunden in vielen Situationen die automatisierten Systeme zu schätzen wissen. Bei der Änderung der Bestelladresse muss kein Service Mitarbeiter beteiligt sein. Der Kunde hat es lieber, dass er die Adressänderung anordnet und diese sofort automatisch im Hintergrund ausgeführt wird.
Du hast das Thema Chatbot gerade angesprochen. Wir von OMQ stellen ja auch den virtuellen Chatbot-Agenten für Userlike zur Verfügung. Was denkst du, wie sieht die beste Symbiose aus einem virtuellen und einem menschlichen Agenten aus?
Meiner Meinung nach muss es immer die Option geben, dass ein menschlicher Operator übernimmt, wenn der Chatbot mal nicht weiterkommt oder wenn der Kunde sich das wünscht. Für so eine Symbiose ist es auch wichtig, dass alles reibungslos funktioniert - von der Integration bis hin zu den Funktionen, die der Chatbot ausführen kann. Außerdem ist es wichtig, dass sich die beiden Systeme optimal ergänzen, sodass der Kunde auch viele Möglichkeiten hat. Das eine ist es, eine Adresse einfach anzugeben, oder aber eine Karte anzeigen zu lassen, auf der direkt der Standort mit Navigation angegeben wird.
Kannst du uns als Fachmann noch sagen, was du dir für die Zukunft vorstellst: Was meinst du, wo die Reise hingeht? Wie entwickeln sich Chatsysteme?
Das ist eine sehr gute Frage - ich wünschte ich hätte dafür eine Kristallkugel. Was ich auf jeden Fall sehe ist, dass die Fähigkeiten von automatisierten Systemen immer weiter wachsen werden. Sie werden immer besser verstehen und auch immer komplexer antworten können. Es ist ein Unterschied, ob man die Bestelladresse ändert oder ob man eine kompetente und umfassende Beratung bietet. Das geht heute noch nicht. Schon bald aber werden Chatsysteme in der Lage sein, z.B. automatisch Formulare auszufüllen oder Zahlungen durchzuführen - so wie es mit eurem OMQ Automator bereits möglich ist. Die Akzeptanz bei den Nutzern wird immer höher werden und sie werden die Vorteile eines automatisierten Systems in Zukunft immer mehr zu schätzen wissen. Es wird ein gesunder Realismus eintreten: Chatbots werden nicht mehr als Allheilmittel angesehen, sondern man wird sehen, wo diese Systeme eingesetzt werden können und wo sie an ihre Grenzen gelangen.
Wirklich täglich klingelt das Telefon bei mir und jemand sagt „Herr Berghoff, ich brauche einen Chatbot“. Ich frage zuerst, was die Erfahrungen mit Chatbots sind und was die Zielgruppe ist. Viele Leute haben einfach nur den Hype mitbekommen, das Wort „Chatbot“ aufgeschnappt und wollen nun digitaler werden. Man muss eben dort gesunden Realismus reinbekommen und schauen: Wo ergibt ein Chatbot überhaupt Sinn? Und wo kann dieser sein Potenzial entfalten? Man darf nicht den Chatbot um des Chatbots Willen einführen, denn das sind Projekte, die von Anfang an nicht gut durchdacht sind. Bei vielen Unternehmen muss erstmal an anderen Stellen gearbeitet werden, wie zum Beispiel eine intuitive Gestaltung der Website oder grundlegende Digitalisierung- und Automatisierungsprozesse. Danach kann man überlegen, einen Chatbot einzusetzen.